„Ich muss gute Noten schreiben“ und „Ich möchte mein Leben auch noch genießen“ oder „Mir geht es dabei die ganze Zeit schlecht“. Mit diesem Dilemma kämpfen viele Studierende. Der Stress im Studium scheint eine Lösung unmöglich zu machen. Dabei muss es kein entweder – oder geben: Du kannst lernen, deine Umgebung und deinen Alltag so zu gestalten, dass du weniger gestresst bist. Du kannst lernen, dein Studium so zu managen, dass du dabei nicht zu kurz kommst. Denn nur wenn es dir gut geht, dann kannst du langfristig erfolgreich sein!
Und wie du starten kannst, um deinen Stress im Studium zu reduzieren, darum geht es jetzt hier.
Inhaltsverzeichnis
1. Was passiert bei Stress im Körper?
Vorneweg möchte ich dich dazu ermuntern, zu akzeptieren, dass du dich so gestresst fühlst. Klingt absurd? Akzeptanz ist der erste Schritt zu Änderung. Dazu möchte ich dir nachfolgend kurz erklären, was bei Stress in deinem Körper los ist. Denn eigentlich ist es total gut, dass dein Körper eine Stressreaktion hat und zeigt.
Eigentlich ist das ganz gut, was da in dir abgeht…
Stress ist ursprünglich tatsächlich eine extrem wichtige Reaktion auf Gefahrensituationen. Stress war für uns überlebenswichtig. Eigentlich eine extrem gute Sache. Durch die Stressreaktion ist blitzschnelles Handeln, wie eine Flucht überhaupt erst möglich. Körperlich laufen genau die Prozesse ab, die das unterstützen:
Die Atemfrequenz geht hoch und damit die Sauerstoffaufnahme. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, der aufgenommene Sauerstoff gelangt zu den Muskeln, die nun arbeiten müssen. Die Aufmerksamkeit ist fokussiert auf genau das, was in diesem Moment zählt.
Magen, Darm und in diesem Moment unwichtige Körperprozesse werden runtergefahren.
Nach der Gefahrensituation wird wieder die Balance hergestellt. Unser Körper ist doch genial!
Und auch heute noch ist die Stressreaktion extrem wichtig für uns. Der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung ist Voraussetzung für mentales Wohlbefinden.1 Und wir kennen es doch alle, dass ein gewisser Stresspegel motivierend wirkt.
Ganz ohne Stress geht es nicht!
Problematisch wird es eben dann, wenn es zum anhaltenden Stress kommt. Wenn dauerhaft Reize in unserem Umfeld (oder in uns) dazu führen, dass wir „daueraktiviert“ sind. Wenn der Körper kaum mehr in einen Ruhezustand kommt, gefährdet das unsere Gesundheit, sowohl physisch als auch psychisch.1
Es ist deshalb essenziell, entsprechende Bewältigungsstrategien für sich zu finden.
Wenn wir Methoden finden, die uns helfen Stress zu reduzieren, wird aus der körperlichen Reaktion wieder das, was es einmal war: ein Anpassungsprozess an herausfordernde Situationen. Eine Hilfe, deine Aufmerksamkeit zu lenken. Und das klingt doch gut, oder?
2. Die drei Angriffspunkte bei Stress
Wie ich dir in diesem Artikel genauer erkläre, entsteht Stress dann, wenn ein Reiz aus der Umwelt als stressig bewertet wird. Diese Bewertung basiert auf unseren Erfahrungen und unserer Meinung über uns und unsere Fähigkeiten.
Die Stressentstehung beruht also auf drei Ebenen.
Und genau diese Ebenen sind auch unsere drei Angriffspunkte.
2.1 Stressoren
Hier geht es um Möglichkeiten die Faktoren und Situationen, die Stress auslösen, zu reduzieren oder komplett zu verhindern. Man spricht von der instrumentellen Stressbewältigung.
Natürlich kannst du nicht direkt die Anzahl an Prüfungen beeinflussen, die du im Laufe deines Studiums zu schreiben hast, nicht die Anzahl an Hausarbeiten reduzieren, die du abgeben musst und es ist auch schwierig, weniger zu arbeiten, wenn du auf das Geld angewiesen bist. Aber man hat Möglichkeiten die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die potenziellen Stressoren abgefangen werden. Fünf Aspekte habe ich dir nachfolgend aufgelistet:
- Zeitmanagement
Wenn du deine Zeit effizient nutzt, bleibt schließlich mehr für dich und für Dinge, die dir helfen zu entspannen, runterzufahren und deine Akkus wieder aufzuladen.
Die wichtigsten Zeitmanagement-Aspekte bei Studierenden sind meiner Erfahrung nach das Planen und das Priorisieren.
- Planen, sowohl im Ganzen, für ein Semester, als auch im Kleinen, wie ein Wochen- oder Tagesablauf, entlastet dich. Du musst nicht ständig alles im Kopf haben. V.a. aber musst du nicht ständig neu überlegen, was als nächstes kommt.
- Priorisieren hilft dir dabei, die Reihenfolge festzulegen und ermöglicht dir ein flexibles Reagieren auf Ungeplantes. Denn wenn du mit dem Wichtigsten beginnst, fällt am Ende das Unwichtigste weg, wenn du zu viel Stress hast und nicht alles schaffst 😉
2. Routinen
Auch Routinen sind extrem entlastend. Auch hier fällt das bewusst „drüber-nachdenken“ weg. Außerdem laufen Routinen automatisiert ab und kosten dich damit weniger Energie – die du dann für andere Aufgaben hast.
3. Struktur und Ordnung
Ständiges Suchen raubt Nerven. Achte auf Struktur und Ordnung am Arbeitsplatz, in deiner Wohnung, aber auch in deinen Aufschrieben. Du hast immer nur eine gewisse kognitive Kapazität. Wenn diese durch Suchen und kognitives Ordnen des äußeren Chaos belegt wird, bleibt weniger für die eigentlichen Verarbeitungsprozesse. Diese sind mühsamer, dauern länger, stressen mehr.
4. Hilfe & Zusammenarbeit
Du musst nicht alles allein bewältigen. Such dir Kommilitoninnen und Kommilitonen, mit denen du gemeinsam Übungsblätter löst, wiederholst, oder einfach eine gute Zeit hast. Ich kann mich an keine Situation in meinem Leben erinnern, in der ich nicht von Zusammenarbeit profitiert hätte. Wenn du das Gefühl eines Trittbrettfahrers hast, sprich es an. Ansonsten gilt: „sharing is caring“ oder „gemeinsam sind wir stark“. (Wenn du dich für Gruppenevents zum Thema Leistungsdruck, Stressbewältigung etc. interessierst, findest du übrigen hier mehr. Schau einfach immer mal wieder vorbei).
Trittbrettfahrer
Personen, die in Gruppen eine geringere Anstrengungsbereitschaft zeigen als bei Individualleistungen. Die Trittbrettfahrer profitieren von der Gruppenleistung, ohne selbst viel dazu beizutragen.
5. Lernstrategien
Wie lernst du? Hast du deinen eigenen Lernstil schon einmal hinterfragt? Nein? Das kann eine sehr große Stellschraube sein. Ewiges Durchlesen, Zusammenfassen ohne tiefere Verarbeitung ist z.B. extrem ineffektiv. Besser sind Strategien, die dich zwingen die Lerninhalte aktiv zu verarbeiten. Das ist zwar häufig am Anfang mühsamer, lohnt sich aber. Die Inhalte werden dadurch tiefer verarbeitet und fester abgespeichert. Damit minimierst du auch die Möglichkeit eines Black-Outs deutlich. Das Wiederholen fällt leichter und v.a. die Phase unmittelbar vor Prüfungen, wenn es ja in der Regel besonders stressig zugeht, wird erleichtert.
2.2 Bewertung
Welche Gedanken, Glaubenssätze und Muster lassen dich glauben, dass du dieser Situation nicht optimal gewachsen bist? Was lässt dich an deinen Fähigkeiten und Fertigkeiten zweifeln, dass du nicht gelassener den Herausforderungen ins Auge blickst? Was hindert dich in Ruhe die Sache anzugehen und zu schauen was passiert, wenn du einfach dein Bestes gibst?
Die Antworten auf diese Fragen (und weitere) sind die Grundlagen der mentalen Stressbewältigung. Sind die stressverstärkenden Bewertungen identifiziert, kann man diese verändern. Dazu gehört, dass du deinen Fokus veränderst und auf deine Stärken und Ressourcen richtest. Auf all das, was du bisher gemeistert hast und was dir dabei geholfen hat und wie du das in Zukunft nutzen kannst etc.
Genau an dieser Stelle setzt übrigens auch Coaching an. Die eigenen individuellen Stressverstärker anzupacken und Blockaden zu lösen, ist ein unfassbar kraftvolles Vorgehen, welches das komplette Leben um so vieles erleichtern und verbessern kann.
2.3 Stressreaktion
Stress spürst du im Körper, an deinen Emotionen und an deinen Gedanken. Dem bist du zum Glück nicht komplett ausgeliefert. Du kannst Techniken anwenden, die genau das sogar positiv nutzen. Dies ist die regenerative Stressbewältigung.
Dabei gibt es zwei Unterkategorien. Zum einen die Techniken, die in der akuten Situation helfen. Zum anderen die Techniken, die durch längerfristiges Anwenden wirken.
Akut helfen Atemtechniken sehr gut. Denn wie eingangs beschrieben, steigt ja bei Stress die Atemfrequenz. Wenn du diese nun bewusst verlangsamst, löst das wiederum die Information an dein Gehirn aus, dass gar kein Stress ist. Schließlich atmest du ja langsam (rennst also nicht vor einem Säbelzahntiger davon).
Daneben gibt es Klopftechniken, Visualisierungen, gesetzte Anker…
Langfristig ist Meditation wohl eine der Top-Strategien, ebenso die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Beides wurde durch zahlreiche Studien wissenschaftlich belegt. Sportliche Betätigung, Yoga, Wandern, an der frischen Luft sein, ausreichend Schlaf, auf den eigenen Rhythmus achten, eine ausgewogene Ernährung … ach, eigentlich wissen wir doch genau, was uns langfristig guttut und verhindert, dass wir uns zu sehr verausgaben. Was uns hilft in Balance zu sein. Und genau das solltest du beherzigen.
Beobachte dich die nächste Zeit einmal bewusst. Was hilft dir zu regenerieren? Wann bist du glücklich und lädst deinen Glückstank auf, der wie ein Schutzschild in stressigen Phasen wirkt?
Die kommenden Wochen werde ich hier zu den einzelnen Methoden Hintergrundartikel mit Anleitungen veröffentlichen. Lass mir gerne ein Kommentar da, was dich besonders interessiert und was dir bisher geholfen hat!
Bis dahin, bleib gelassen und genieß den Restsommer!
Deine,
P.S. Du findest bereits einige Videos zu Atemtechniken, Muskelentspannung etc. auf meinem TikTok- und Instagram-Account (kathimoldan).
Quellen & Literaturempfehlungen:
- Bozorgnia, Dornia, Schulte, Susanne & Seppelfricke, Thomas (2020): Potenzielle Determinanten für das Stressempfinden bei Bachelor- und Masterstudierenden. In Bauer, M. J., & Seppelfricke, T. (Hrsg.). Stress im Studium: Stressempfinden und Stressbewältigung bei Studierenden (S.85-126). München: Utzverlag GmbH.
- Grützmacher, J., Gusy, B., Lesener, T., Sudheimer, S. & Willige, J. (2018). Gesundheit Studierender in Deutschland 2017. Ein Kooperationsprojekt zwischen dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, der Freien Universität Berlin und der Techniker Krankenkasse. Hannover, Deutschland.
Marter, Kathrin (2021): Du bist, was Dich stresst! Tabula Rasa für chronisch Gestresste im digitalen Zeitalter. Wiesbaden: Springer
Rusch, Stephan (2019): Stressmanagement (2. Auflage). Berlin: Springer-Verlag GmbH
Stork, Werner & Pilz, Ilka & Grund, Maximilian, 2019. „Die Wirksamkeit stressreduzierender und resilienzfördernder Maßnahmen im Studium: Ergebnisse und Ableitungen auf Basis einer Pilotstudie am Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Darmstadt [The effe,“ ZNWU Discussion Papers 2, Darmstadt University of Applied Sciences, Darmstadt Business School, Center for Sustainable Economic and Corporate Policy (SECP).
Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
Liebe Kathi,
danke für diesen tollen, übersichtlichen Artikel. Mir wird immer bewusster, was da in mir so vor sich geht. Ich bin dauerhaft gestresst und weiß manchmal nicht mehr wohin mit mir. Jetzt weiß ich wie ich das angehen kann und freue mich auf die kommenden Artikel.
P.S. ich kenne dich von TikTok und ich liebe deine Videos. Danke!
Lisa
Pingback: Mehr Als Bloß Nichtstun: Warum Pausen Ein Entscheidender Faktor Für Deinen Lernerfolg Sind | Kathi Moldan Coaching